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20.04.2020 Feature Article

Oh, mein Gott

Oh, mein Gott
20.04.2020 LISTEN

“Haben Sie jemals einen Afrikaner gesehen, der wahrhaftig stolz und aufrecht durch die Weltgeschichte gehen kann ?”

“Was meinen Sie damit ? Verstehe ich nicht !” schob Walter Osu seinen Ruecken in den Friseustuhl zurecht, die Schere auf seinem Kopf nicht aus den Augen lassend. Er hatte die sechzig Lebensjahre seit einem Jahrzehnt hinter sich gelassen und dennoch nicht aufgegeben besonders schick aussehen zu wollen. Aussehen war fuer ihn alles.

“Ja, was soll diese merkwuerdige und ein wenig uebertriebene Bemerkung ?” hob Sebastian Engman, in der Ecke sitzend, unter sich den einizgen Holzstuhl im Raum spuerend, seinen Blick hinauf zur Decke, an der der alte, weiss emallierte Ventilator quitschend seine langsamen Runden drehte.

Richard Jaoko bemerkte:”Unser Maistro sieht heute ganz besonders aufgeweckt aus, wie ein echter Grand Senior.” Verlegen versteckte er sein schelmisches Grinsen hinter der Magazin aus dem vergangenen Jahr.

“Ich finde, er sieht Jesus…ich meine Jesus Christus immer aehnlicher,” holte George Cooper tief Luft sich neben seinem Friseur stellend und ihm in die Augen schauend. “Ja, wahrlich, in seinen Augen hat er etwas so friedliches, so als steckte unendliche Liebe in ihm, die Kraft Suenden zu verzeichen, Bereitschaft zum Leiden und das Wissen um das ewige Leben.”

“Also, nun einmal langsam mit den alten Pferden,” erhob sich Carlos Adhiambo. “Ihr sollt keine Gotteslaesterung betreiben. Jesus Christus is gestorben und sitzt irgendwo dort oben im Himmel zur rechten Gottes bis er kommt zu richten die Lebenden und die Toten. Damit macht man keine Scherze !”

“Beruhige dich, lieber Freund. So war das nicht gemeint. Wir alle kennen die Bibel inwendig und auswendig, bekommen sie von allen Seiten hier in Afrika um die Ohren geschlagen. An jeder Strassenecke steht ein Evangelist und Kirchen sind nur eine Armlaenge von uns entfernt. Wahrlich, auf unserem Kontinent gibt es keinen Mangel an dieser Ware Christlicher Glaube,” konnte Christian Lagarde sich nicht zurueckhalten zu verkuenden sein schmelisches Gesicht im grossen Spiegel ueber dem weit ausladenden Wachbecken betrachtend. Er entdeckete eine kleine Pickel unterhalb seines rechten Mundwinkels. Zwei Finger mit langen Naegeln angesetzt, sorgten umgehend fuer Entfernung und optischer Erleichterung. “So past es !” drehte er sich auf dem Absatz um durch die Fensterfront hinaus auf die Strasse schauend. “Leben wird wohl niemals aufhoeren. Schaut euch an wie emsig die Menschen auf und abgehen, man kann sich des Eindrucks nicht erwaehren, als ginge ihnen das Leben nicht schnell genug. Sie eilen dem Glueck hinterher und vor dem Unglueck davon. Wenn man ihnen genau in die Augen schaut kann man den Eindruck nicht los werden, irgendwie sind sie nie ganz zufrieden.”

“Kann man mit Afrika jemals zufrieden sein ?”

“Maistro, was ist heute mit Ihnen los ?” zog George Cooper die Augenbrauen zusammen sich neben seinen Freund stellend. “Irgendwie ist heute alles anders hier bei Ihnen, mehr eine Atmosphere von Aufklaerung, Belehrung und Ratschlag fuer…ja, fuer eine bessere Zukunft.”

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“Genau, was sind das fuer tiefsinnige Fragen, die sind wir so nicht gewohnt von Ihnen, leiber Maistro,” trat Carlos Adhiambo an den Friseurstuhl heran, Walter Osu die Sicht auf den Spiegel verstellend.

Mit einem leichten Beinhieb schob Walter Osu seinen Nachbarn aus dem Weg sehen, wie die Schere des Maistro’s sich seinem rechten Ohr naeherte die Kotletten in Form bringend. “Das Leben ist nicht dafuer geschaffen, dass man sich viele Gedanken darueber macht. Wer zuviel nachdenkt vergisst dabei ganz es zu leben.”

“Verstehe ich nicht,” oeffnete Richard Jaoko seine Augen weit. “Wir sind geboren worden um zu leben und dass koennen wir Menschen ohne Denken und Nachdenken nicht bewerkstelligen.”

“Hoert sich an als sei Leben so eine Art job, eine lebenslange Aufgabe,” mischte sich Walter Osu ein beobachtend, wie der Maistro die Schere aus der Hand legte, sie in einem Desinfektionsbad verstaute. Er drehte seinen Oberkoeper ein wenig zur Seite nach dem unvermeindlichen Parfuem suchend. “Stellt sich nur die Frage, wann bekommen wir fuer unsere Arbeit hier auf Erden die wohlverdiente Belohnung ?”

“Nach getaner Arbeit !” lachte George Cooper bemerkend, wie sich Richard Jaoko am Hinterkopf kratzte. Wie ueblich in Afrika, hatte er dazu den Nagel am Mittelfinger wachsen lassen und sorgsam rund gefeilt. “Also, die Arbeit ist erst erledigt, wenn wir dereinst im Grabe liegen und den Regenwuermern in die Augen schauen. Wer immer anstaendig war, kommt in den Himmel und wird wieder auferstehen, wer sich als Freund des Boesen erwiesen hat, wird es ordentlich warm haben und so richtig schwarz werden.” Vor Lachen musste er sich seinen Bauch halten. “So werden wir alle zu richtigen Schwarzen !”

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